Reise zu den Lofoten – Tag 6

Diese Nacht verlief, wie es zu erwarten war, recht ruhig. Man hörte das Wasser aus dem Gletscher am Rand eines Abhanges plätschern, vielleicht hier und da ein paar Vögel, sonst war aber alles friedlich und ruhig. Und es war, wie zu erwarten, echt sehr hell. Wir standen wieder recht früh auf, aufgrund der Helligkeit verliert man das Zeitgefühl und man fühlt sich dennoch fit.

Wir öffneten alle Türen des Autos, durch die Kühle des Gletschers sammelte sich wieder Flüssigkeit an den Scheiben, und bauten unser Frühstück auf. Geübt waren wir ja bereits. Durch die Ruhe vor Ort war man viel entspannter, auch wenn Naitschel bereits das Ziel vor Augen hatte: die Lofoten. Nach dem Frühstück und der üblichen Morgentoilette ging es vor 8 Uhr weiter gen Norden. Natürlich mussten wir erstmal zurück auf die Fv 17 fahren um dann nach Bodø zu kommen. Die Strecke blieb natürlich weiterhin abenteuerlich, aber das mit den Kurven und den Tunneln kannten wir ja bereits. Nicht nur wir hatten am Morgen unseren Hunger stillen müssen, auch das Auto brauchte was, ihr kennt ja bereits unsere Regel: alles was unter halbvoll ist, ist gefährlich. Also ging es nach Glomfjord, wo uns erstmal eine Ortsumfahrung überraschte. Auch hier oben muss man ganze Ortsteile umfahren, wenn eine Straße erneuert wird. Zum Glück war was nur innerorts, außerhalb kann das gravierende Folgen haben, wenn man nicht gerade parallel eine Behelfsstraße zum Neubau angelegt hat, auch damit hatten wir schon unsere Erfahrungen gemacht. 

Wir fuhren immer weiter, zu unserem nächsten Etappenziel vor Bodø. Ganze zwei Stunden brauchten wir bis Saltstraumen, dem stärksten Gezeitenstrom der Welt. Nur die Navigation dorthin war, schreiben wir es so, etwas hakelig. Wir haben grob nach dem Ort gesucht, weit verfahren kann man sich eigentlich nicht, es gibt ja nur eine Hauptstraße. Als wir dann im Ort ankamen und über eine Brücke fuhren, wussten wir nicht, ob wir schon an der richtigen Stelle waren oder nicht. Der Sternenwanderer wies auf die Touristen hin, die sich links und rechts auf der Brücke tummelten, also nahmen wir den nächstbesten Parkplatz. Auch wenn dieser gut gefüllt war, mussten wir keine Krone an Parkgebühren zahlen. Wir stiegen aus und gingen dorthin, wo die Brücke über das Wasser führte, vorbei an echten Tiny Houses (die gibt es gewiss schon länger als den Trend aus dem Netz) und jeder Menge Grünzeug. Und da standen wir dann und betrachteten das Spektakel vom größten Gezeitenstrom der Welt. Angler versuchten ihr Glück und mehrere kleine Boote fuhren vorbei an den starken Stromschnellen und Strudeln. An einigen Stellen wirkte es gar so, als würde Luft aus dem Wasser aufsteigen und oben eine weiße Schaumkrone bilden. Wir machten ein paar Fotos, bewunderten die kleine Häuser und beschlossen, weiterzufahren. 

Hier oben gab es schon weitaus mehr Verkehr, als an den letzten Tagen. Spätestens in Bodø war es wie in jeder anderen Stadt auch. Hier sind die Kreisverkehre so dicht beieinander, dass das Navi  ordentlich zu arbeiten hatte. Wir fuhren dennoch einmal zu früh aus einem Kreisel und wendeten. Zum Glück fuhr nicht gerade erst eine Fähre los, somit konnte man das ganze noch entspannt angehen lassen. Wir reihten uns auf den Spuren ein ohne zu wissen, wie es eigentlich weitergehen wird. Nachdem aussteigen, sahen wir uns um. Schräg hinter uns stand ein VW T5 mit Wohnanhänger. Inklusive aller mitfahrenden Personen wurden für die Überfahrt nach Moskenes rund 500€ berechnet. Da waren wir ganz froh nur einen Golf 5 Variant zu fahren. Wir versuchten uns in den Schatten des Autos zum verkriechen, da die Sonne hier unerbittliche vom Himmel schien. Über die Zeit reihten sich immer mehr Autos und Wohnmobile ein. Hinter uns stand ein Passat aus Finnland, der seine Nebelleuchten noch an hatte. Der Sternenwanderer wunderte sich zwar, nahm dies aber eher als Posing wahr, anstatt der Unwissenheit des Fahrers. Denn, als es los ging, wir bereits bezahlt hatten und losfahren wollten, hörten wir nur ein elektrisches Zucken vom Hintermann. Das Nebellicht hatte die Batterie des Autos leergesaugt. Ein T4 kam ihm zur Hilfe und so konnte er noch auf die Fähre. Diese wirkte, im Vergleich zu den vorherigen Fähren des Vortages, fast monströs (zu diesem Zeitpunkt hatten wir ja noch keine Ahnung, was groß wirklich bedeutet). Wir suchten uns einen relativ zentralen Punkt an Deck, was sich während der Überfahrt als richtig erwies. 

Im Hafenbereich wirkte alles noch recht friedlich, die Sonne schien und es wehte kaum ein Lüftchen. Wir machten interessiert Bilder von einer Fähre der Hurtigruten und erkundeten den begehbaren Teil des Schiffen. Nach und nach merkten wir, wie der Seegang zunahm. Das Schiff schwankte und uns wurde mulmig. Wir setzten uns ans Deck und beobachteten den Horizont und die relativen Bewegungen des Schiffes dazu. Dabei stellten wir fest, dass das Schiff etwas links geneigt war. Nun, solange die Besatzung und die anderen Gäste beruhigt waren, waren wir das auch. So richtige Seebeine hatten wir nicht. Dennoch bekam Naitschel Hunger, der Sternenwanderer kümmerte sich also um die Verpflegung. Das Schwanken missfiel, wir konnten jedoch nicht einfach vom Schiff springen oder aussteigen. 

Zum Wind und Wellengang gesellte sich noch etwas Niesel, was den Blick auf das eigentliche Ziel verdeckte. Draußen gab es noch ein paar Hartgesottene und eine Familie, die wegen ihres Hundes leider nicht nach drinnen durften. Je näher wir den Lofoten kamen, desto mehr Details konnten wir wahrnehmen. Es kamen mit der Zeit auch immer mehr Leute aufs Deck, um sich das Spektakel anzusehen. Kurz vor der Ankunft in Moskenes war das Deck voller Menschen und alle wollte natürlich einen Blick erhaschen und ein Foto schießen. Wir mussten daran denken, dass wir noch ins Auto mussten. Wir liefen hinunter und warteten, bis wir vom Schiff durften. 

Unser Ziel, die Lofoten, hatten wir erreicht. Aber wie zu erwarten war, zu dieser Jahreszeit hat sich der einstige Geheimtipp zu einem Ort voller Touristen gemausert. Das bringt sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich. Wir fuhren erst nach Å, und sahen bereits Camper, die bis auf die Auffahrt eines Campingplatzes standen. Auch der Verkehr schien für die kleinen Straßen zu viel zu sein. So gestaltete sich auch die Suche nach einem Parkplatz in Å. Es dauerte, dennoch hatte der Golf Platz. Wir spazierten ein wenig umher und wunderten uns, dass hier ein paar Bänder gespannt waren, die scheinbar ein paar Grundstücke absperrten. Wahrscheinlich ist das den Einwohnern hier oben ebenfalls zu viel oder die Touristen haben sich zu oft daneben benommen. Wir genossen die kolossale Aussicht, hier ragen einfach felsige, massive Berge aus dem Wasser. Es gibt oft nicht mal die Möglichkeit, an ihrem Fuß spazieren zu gehen. Man musste auch aufpassen, dass man nicht zu nah an eine Klippe geriet. Und trotz dem hier schon viele Menschen waren, erschien es uns sehr still, auch wenn man hier und da ein paar Leute hörte. Wir waren gefesselt von Flora und Fauna, den Bergen und dem Wasser. Da wir noch einkaufen mussten und einen Schlafplatz brauchten, gingen wir wieder zum Auto. Wir suchten angestrengt nach Campingplätzen und riefen einige Nummern an. Leider hatten wir keinen Erfolg, also fuhren wir nach Norden zum nächsten Supermarkt. Auch hier war der Parkplatz überfüllt. 

Nach dem Einkauf suchten wir weiter nach einem Campingplatz. Naitschel wurde auf Google Maps fündig. Ausgeschildert war dieser nicht. Glauben wir zumindest. Wir versuchten also unser Glück und es stellte sich heraus, dass es wohl der schönste Campingplatz unserer Lofotenreise wurde. Speziell der Ausblick und in Schein der Mittternachtssonne war es traumhaft schön.  Der Fredvang Campingplatz lag etwas abseits der Hauptverkehrsstraße der Lofoten. Er war nicht überfüllt und aber auch nicht menschenleer. Der Sternenwanderer ging zu Rezeption und hatte die Hoffnung eigentlich aufgegeben. Der Campingplatzbesitzer bot uns einen Platz an. Zurück im Auto war die Freude von Naitschel groß: „Schatz, wir können duschen.“ Wir suchten uns einen Platz nahe dem Meer. Wir konnten unser Glück einfach nicht fassen, als hätten wir einen Geheimtipp aufgedeckt, den kaum einer zu kennen scheint. Wir bauten unser „Lager“ auf, endlich kamen die Wäscheleinen und Heringe zum Einsatz, und machten uns duschfertig. Wie auf den Campingplätzen meist üblich, war auch hier die Duschzeit begrenzt, das war nach zwei Tagen ohne Dusche aber egal. Generell waren die Sanitäranlagen nicht auf dem neusten Stand. Auch die Stromversorgung ließ zu Wünschen übrig. Aber dazu mehr am nächsten Tag. Nach der verdienten Dusche, spannten wir alle Handtücher auf Leine und machten uns auf den Weg zum Strand. Die Uhr schlug 23:00 und es war immer noch taghell. Wir hörten das Meer rauschen, kletterten ein wenig auf den Felsen umher und machten viele Bilder. Der „Sonnenuntergang“ war episch, um Mitternacht gab es jede vorstellbare Farbe am Himmel. Hier entstand eines DER Fotos der ganzen Reise, auch wenn es für einige vielleicht etwas kitschig wirken mag. Für all das hat sich die Anreise gelohnt. Mit der Zeit merkten wir, dass der Wind auffrischte und sich ein Wolkenberg von Süden über eine Bergkette hinter dem Campingplatz schob. 

Also gingen wir zum Waschhaus, putzten uns die Zähne, bauten alles zusammen und legten uns ins Auto. Kaum lagen wir, merkten wir, wie ein Sturm losbrach. Dieser rüttelte am Auto und wir dachten an die Zeltbewohner und sahen nach draußen. Das Zelt des Nachbarn wurde ganz schön durchgeschüttelt, das Auto hatte der Mann bereits umgeparkt, dennoch gab es nicht viel Windschutz. Wir beschlossen es mit Gafferei sein zu lassen und legten uns hin. Der Sturm schaukelte uns beide in den Schlaf.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..